Carl Giskra

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Carl Giskra, Lithographie von Joseph Kriehuber 1861

Carl Giskra (auch Karl) (* 29. Januar 1820 in Mährisch-Trübau; † 1. Juni 1879 in Baden bei Wien) war ein Politiker des Kaisertums Österreich und nach 1867 der k.u.k. Doppelmonarchie Österreich-Ungarn.

Carl Giskra erlangte 1840 in Wien die philosophische und 1843 die juristische Doktorwürde, seit 1846 Supplent der Staatswissenschaften an der Universität Wien. Im Revolutionsjahr 1848/49 führte er die Akademische Legion (1848) in Wien und war Abgeordneter in der Frankfurter Nationalversammlung. 1850 kehrte er nach Wien zurück.

Seit 1860 war er als Rechtsanwalt in Brünn tätig; von 1861 bis 1867 Abgeordneter der deutsch-liberalen Partei im mährischen Landtag, seit 1862 auch im Reichsrat. 1866 wurde Carl Giskra Bürgermeister von Brünn (Juli 1866 bis Dezember 1867)[1] und entfaltete eine anerkannte administrative und organisatorische Tätigkeit. Die Brünner Kaunitz-Straße, tschechisch Kounicova, nach Wenzel Robert von Kaunitz benannt, trug 1885–1918 und 1940–1946 seinen Namen. 1867 wurde er Präsident des österreichischen Abgeordnetenhauses und war 1867–1870 österreichischer Innenminister. Er führte vor allem die Trennung der politischen Verwaltung von der Justiz durch. Er trat 1867 für die Dezemberverfassung und für die Lösung des Konkordates ein und war zuletzt Direktor der Ersten österreichischen Spar-Casse.

Eigennützige Beteiligungen an finanziellen Unternehmen sollen seinen Ruf beschädigt haben. 1873 wurde er wieder in seinem Wahlbezirk Brünn in Mähren in das Abgeordnetenhaus gewählt.

Carl Giskra war in erster Ehe mit Aloisia Arnstein (* 1815 in Wien; † 1854 ebenda), einer Stiefnichte des Schriftstellers Benedikt David Arnstein, verheiratet;[2] die Trauung hatte 1845 im Stephansdom stattgefunden.[3] 1860 vermählte er sich mit Elisabeth Zuech, geb. Hauschka (* 1825 in Pettau; † 1900 in Wien).[2] Der zweiten Ehe entstammte der gleichnamige Sohn Karl (* 22. Februar 1864 in Brünn, † 24. Oktober 1919 in Gersau, Kanton Schwyz), der 1871 zum Freiherrn von Giskra erhoben wurde.[4] Als Angehöriger des österreichischen Diplomatischen Dienstes war er 1905 Legationsrat in Washington, 1910 in Sofia, 1914 außerordentlicher Gesandter Österreichs und bevollmächtigter Minister im Haag.[5] Er soll Georg von Schönerer wegen eines verbalen Angriffs auf seinen verstorbenen Vater zum Duell gefordert haben.

Beachtung fand er unter anderem durch seine Aussage bezüglich der böhmischen Krone, dass diese eine mythische Erfindung der Neuzeit sei und eine Titulatur als König von Böhmen einen ähnlichen Stellenwert hätte wie die Titulatur als König von Jerusalem. Zwar war Giskra ein Vertreter des gemäßigten Konstitutionalismus, jedoch lehnte politische Ansprüche der tschechischen Bevölkerung ab.[6]

Carl Giskra verstarb 1879 in einer von der Familie um 1870 bezogenen Villa in Baden bei Wien in der Marchetstraße 70.[7] Er wurde am 3. Juni 1879 auf dem unweit gelegenen Friedhof St. Helena bestattet.[8]

Commons: Carl Giskra – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Dr. jur. et phil. Karl Giskra in Encyklopedie dějin města Brna (tschechisch)
  2. a b Georg Gaugusch: Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800–1938. Band 1: A-K. Amalthea, Wien 2011, ISBN 978-3-85002-750-2, S. 30–31.
  3. Trauungsbuch - 02-088 | 01., St. Stephan | Wien/Niederösterreich (Osten): Rk. Erzdiözese Wien | Österreich | fol. 114 | Matricula Online. Abgerufen am 22. März 2020.
  4. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Freiherrlichen Häuser (1871-1942), 45. Jahrgang 1895 und 91. Jahrgang 1941. Verlag Gotha Justus Perthes
  5. Heribert Sturm: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. Herausgegeben im Auftrag des Collegium Carolinum (Institut), R. Oldenbourg Verlag München Wien 1979, Seite 440, ISBN 3 486 49491 0
  6. Stenographische Protokolle über die Sitzungen des Hauses der Abgeordneten des österreichischen Reichsrathes, I. Session: Vom 29. April 1861 bis 18. Dezember 1862. Wien 1862, S. 598–603.
  7. Bettina Nezval: Villen der Kaiserzeit. Sommerresidenzen in Baden. 2., erweiterte Auflage. Berger, Horn/Wien 2008, ISBN 978-3-85028-476-9, S. 81 f.
  8. Das Leichenbegängniß Giskra’s.. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt, 4. Juni 1879, S. 6, unten links (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  9. Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund.