Des Spiegels Abenteuer

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Des Spiegels Abenteuer, 1. Seite (Cod. Pal. germ. 313, Seite 75r).

Des Spiegels Abenteuer ist eine Minnerede des schwäbischen Dichters Hermann von Sachsenheim. Das Versepos in mittelhochdeutscher Sprache entstand zwischen 1451 und 1453.[1] Es ist in zwei Sammelhandschriften überliefert und in zwei Druckausgaben des 19. und 20. Jahrhunderts enthalten, eine neuhochdeutsche Übersetzung liegt nicht vor.

Frau Treue soll im Auftrag von Frau Abenteuer, ihrer Herrin, im Schwabenland nach treuen Männern suchen. Da sie keine finden kann, wehklagt sie lauthals über ihr Schicksal. Der Erzähler wird von ihrem Geschrei angelockt, tröstet die Jammernde und preist sich als Muster ehelicher Treue. Daraufhin darf er Frau Treue auf der Fahrt zu ihrer Herrin begleiten. Unterwegs erblickt er in einem Zauberspiegel ein schönes Weib, in das er sich unsterblich verliebt und darüber seine Frau vergisst. Als Frau Abenteuer dies erfährt, verurteilt sie den Treulosen zum Tode. Aus einem Zauberbuch erfährt er, wie schlecht das schöne Weib ist und wie seine treue Frau zuhause sich grämt. Er bereut seine Untreue, und Frau Abenteuer begnadigt ihn. Ein Zwerg führt ihn auf einem Greifen heim zu seiner Frau.

Hinweis: Zitatübersetzung und Verszählung nach dem mittelhochdeutschen Text in Kerth 1986.

Die Erzählung beginnt mit einer Spaziergangseinleitung, ein üblicher Topos in Minnereden. Der Ich-Erzähler begibt sich an einem schönen Tag im Mai in den Wald und gelangt an eine Quelle, wo er heimlich den Klagen einer wunderschönen Dame lauscht: „Oh weh“, spricht sie unter Tränen, „dass ich je ward geborn. Die Stunde sei verflucht, die mich nicht sterben lehrte.“ Der Erzähler tritt hin zu der königlich gekleideten Dame und erkundigt sich nach der Ursache ihres Leids. Wenn sie es wünsche, lässt er sie wissen, würde er ihr gern bei ihrem Wehgeschrei helfen, so wie der Löwe seine Welpen durch Gebrüll zum Leben erweckt.

Da er ein Ritter ist, will sie sich ihm anvertrauen. Sie sei eine Königin und so wie ihre elf Schwestern von ihrer Kaiserin zum Eintreiben der Steuern ausgesandt. Sie selbst sei nach Schwaben geschickt worden. Der Ritter wundert sich, denn sein Land sei arm und die Schwaben hätten nichts zu geben. Sie fahnde nicht nach Gold, entgegnet sie, nach Treue bei den Männern suche sie, und Frau Treue sei ihr Name (siehe „Armes Schwaben“). Allein, sie habe keinen treuen Mann gefunden in Schwaben und fürchte nun die Ungnade ihrer Herrin. Er sei ein Ausbund von Treue, prahlt er und preist seine eheliche Treue in den höchsten Tönen. Frau Treue staunt, denn des Ritters Name stehe nicht auf der Liste der treuen Minner, die sie von ihrer Kaiserin empfing. Auf Wunsch des Ritters klärt sie diesen auf über den Hofstaat ihrer Herrin: Frau Abenteuer, der Kaiserin, seien 12 Königinnen untertan: sie selbst, Frau Treue, und Frau Minne, Liebe, Tugend, Ehre, Zucht, Scham, Wahrheit, Freigebigkeit, Mäßigung, Gerechtigkeit und Seligkeit.

Der Zauberspiegel

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In einem Bächlein nähert sich ein kleines Boot mit einem Zwerg, einem Boten der Frau Abenteuer, die Frau Treue an ihren Hof zurückbeordert. Der Ritter bittet, mitfahren zu dürfen, nicht ohne anzumerken, er fürchte, das Schifflein könnte unter der Last seiner Treue sinken. Frau Treue gestattet ihm die Mitfahrt. Unterwegs bemerkt er einen kostbaren Spiegel in der Hand des Zwergs, dessen Rückseite ihm dieser zuwendet. Er bittet darum, einen Blick in den Spiegel werfen zu dürfen, allein Frau Treue misstraut seiner Standhaftigkeit, denn der Spiegel bildet die schönsten und reinsten Jungfrauen zwischen zwölf und vierzig Jahren ab. Schließlich dreht der Zwerg dann doch unter spöttischem Gelächter den Spiegel um. Der Ritter ist augenblicklich von der Schönheit der gespiegelten Damen verzaubert. Freude erfüllt ihn, als er auch das Bild seiner Ehegattin erblickt, dann jedoch sieht er eine andere, sehr viel schönere Frau, die ihm sofort Herz und Verstand raubt. Er beklagt sein Leid, das er wegen der Sehnsucht nach dieser Frau leiden müsse. Er muss zugeben, sich seiner Ehegattin nicht mehr zu erinnern, und Frau Treue will den ungetreuen Großsprecher in einem „Akt der Lynchjustiz“ über Bord stoßen.[2] Der Zwerg plädiert jedoch dafür, ihn der Kaiserin als Hofnarren zuzuführen. Der Ritter bittet Frau Treue um Gnade – und um ihre Hilfe, die Dame seiner Träume zu erringen!

Der Minneprozess

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Als sie am Hof der Kaiserin eintreffen, begrüßt sie zuerst Frau Minne, die Spiegeldame, die sein Herz gebrochen hat. Er beginnt sofort wieder mit seinen Liebesbeteuerungen, und Frau Treue befragt Frau Ehre, was mit diesem tumben Toren wohl zu tun sei. Er wird zur Kaiserin geführt, die ihn schwerer Untreue beschuldigt, denn er sei ihr zur Genüge bekannt. Der Ritter in seiner Verblendung bittet kühn auch die Kaiserin, ihm zu seiner Spiegeldame zu verhelfen. Auf die Frage, ob er diese heiraten wolle, bekennt er, dass er schon verheiratet sei, aber die Ehe könne man ja durch den Papst auflösen lassen.

Frau Ehre legt dem Ritter nun ein kostbares Buch der Frau Abenteuer vor, das alle guten und bösen Taten minnender Frauen enthält. Er findet viele Geschichten über nichtswürdige Frauen, aber auch über einige ehrenhafte, darunter die Geschichte seiner eigenen Frau, die in Trauer seiner harrt. Die Erkenntnis, dass seine Spiegelgeliebte eine dieser nichtswürdigen Frauen, „ein übles Pflänzchen“ und „ein falsches Weib“ ist, bewirkt schließlich die Umkehr in seinem Inneren, und er bereut bitterlich die Untreue gegen seine Frau, „der Ehren Krone“.

Der Ritter wird gefesselt vor die Kaiserin Abenteuer geführt, die ihn ohne Prozess sofort zum Tod verurteilt. Er versucht, seine Schuld auf die Kaiserin abzuwälzen, schließlich habe sie ihn doch in seiner Jugend der Venus zugeführt. Die Kaiserin bleibt ungerührt und lässt ihn abführen. Jetzt droht er, die Verletzung seines Rechts auf ein geregeltes Verfahren an die Öffentlichkeit zu bringen. Darauf führt Frau Abenteuer eine formelle Anklage gegen ihn: Seine Schuld sei es, dass er sich von einem Spiegel betören ließ. Die Schwestern beraten sich, und in Anbetracht der doch weithin verbreiteten allgemeinen Untreue sprechen sie ihn von Strafe frei. Schließlich begnadigt ihn die Kaiserin, obwohl sie nach wie vor von seiner Schuld überzeugt ist.

Die Schwestern geben dem Ritter gute Ratschläge mit auf den Weg: Frau Zucht und Frau Ehre empfehlen ihm einen gottesfürchtigen Lebenswandel, Frau Minne gibt ihm gute Tipps für ein abwechslungsreiches Lotterleben. Es erscheint ein Greif mit einem Zwerg als Reiseführer, der den Ritter in Windeseile zurück in seine schwäbische Heimat bringt. Das Angebot des Ritters, den Zwerg mit einer Zwergin am Hof der Pfalzgräfin zu verkuppeln, lehnt dieser ab und kehrt zurück an den Hof seiner Kaiserin (siehe Widmung).

Episode: Armes Schwaben

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Bei einem Waldspaziergang trifft der Erzähler auf eine laut wehklagende Dame. Er erkundigt sich mitleidig nach der Ursache ihres Leids, und nachdem sich die Dame seines Rittertums versichert hat, vertraut sie sich ihm an. Sie sei eine von 12 Königinnen, die ihrer Kaiserin dienen. Diese habe sie und ihre Schwestern ausgesandt, die Steuern in ihren Ländern einzutreiben. „Also bin ich worden gesendet nach Schwaben“, klagt die Dame. Der Ritter kann sein Erstaunen nicht unterdrücken:

„Meine liebe Frau, die Red verwundert mich. Wer hat gerad nach Schwaben euch gesendet: wir sind doch selber arm. Das ist nicht recht, das sollt ihr mir glauben, und wollt ihr uns berauben, so gäb’s ein groß Geschrei, so wenig wie ein Ei, gibt es in Schwaben Goldes.“

Nicht nach Gold habe ihre Herrin sie ausgeschickt, erklärt ihm nun die Dame:

„Es ist ein ander Hort, nach dem ich bin gesendet. Nach Treue such’ ich bei den Männern, die man als Minner edler Frauen preist. Frau Treue ist mein Name, und Treue such’ ich allenthalb.“

Der Ritter kann sich eines mitleidigen Lächelns nicht enthalten, „denn treuer Herz nie ward, als das in meinem Leib“. Warum nur habe sie nicht nach ihm gefahndet, wirft er der Dame vor. Kein Falke sei so schnell wie sein Verlangen heftig, und er prahlt: „ich könnt’ ein ganzes Land mit meiner Treue übergolden“, „meine Treue könnt’ ich auf tausend Elefanten laden“ und „des wallenden Meeres Sand wollt’ ich mit meiner Treue zählen“. Frau Treue mag ihm das nicht glauben, denn ein ganzes Jahr lang hat sie das Land vergeblich nach treuen Minnern abgesucht: „Du sollst nicht scherzen, mein treu Gesell, sag wahr!“

Zum Thema „Armes Schwaben“: Die Grafschaft Württemberg gehörte zu Zeiten Hermanns nicht zu den wohlhabenden Landstrichen in Deutschland. Er jedoch gehörte zu der privilegierten Schicht der reichen Grund- und Immobilienbesitzer und konnte sogar seinen gräflichen Herren mit beachtlichen Darlehen aushelfen.

Wilhelm Ludwig Holland, der 1850 in seiner Meister-Altswert-Ausgabe die Geschichte von „Des Spiegels Abenteuer“ unter dem Titel „Der Spiegel“ abdruckte, vermutete bereits anhand von Indizien Hermanns Autorschaft, eine Meinung, die Karl Goedeke 1859 in seiner Geschichte der deutschen Dichtung übernahm und der sich Ernst Martin 1878 in seiner Hermann-Ausgabe anschloss. Heute wird die Zuschreibung an Hermann von Sachsenheim allgemein akzeptiert.[3] Zu den Indizien gehört auch die Anekdote über das arme Schwaben, die den Erzähler als Bewohner des Schwabenlandes verortet.

Die beiden Handschriften sind nicht mit Werktiteln versehen. In der ersten Druckausgabe von Wilhelm Ludwig Holland aus dem Jahr 1850 trug das Werk den Titel „Der Spiegel“.[4] Thomas Kerth nannte das Gedicht in der zweiten Druckausgabe von 1986 „Des Spiegels Abenteuer“, wohl zur Unterscheidung von einer anderen Minnerede in Hollands Ausgabe, die den Titel „Dies ist der Spiegel“ oder kurz „Der Spiegel“ trug.

Eines der Indizien, das die Zuschreibung des „Spiegels“ an Hermann nahelegt, ist die implizite Widmung, die er in der Minnerede „versteckt“ hat. Gegen Ende des Textes (Vers 2665–2679), nach der Rückkunft des Ritters ins Schwabenland, verabschiedet sich sein Reisebegleiter, der Zwerg: „Ich fahr nun wieder heim.“ Allein, der Ritter will ihn nicht ziehen lassen: „Ach, liebes Zwerglein, nein! Ich weiß eine Fürstin zart, geborn von hoher Art, der will ich bringen dich.“

Mechthild von der Pfalz, 1459.

Die Herrin mein, erläutert er dem Zwerg, sie wurde im Bayernland geboren, zur Pfalzgräfin bei Rhein erkoren, und ihr Ehegemahl ist der Herzog von Österreich. „Die ist mir wohlbekannt“, erwidert ihm der Zwerg. „Meine Herrin Abenteuer, die ist der Fürstin hold“, fährt er fort und singt ein überschwängliches Loblied auf die hohen Sitten der Gräfin Mechthild von der Pfalz.

(Die Gräfin war Hermanns Gönnerin und seit 1452 durch eine Vernunftehe mit Erzherzog Albrecht VI. von Österreich verbunden. Das Ehepaar lebte meist getrennt voneinander, und der Klatsch sagte der Gräfin ein zügelloses Leben nach. Hermanns Widmung kann daher auch als Ehrenrettung für seine verehrte Fürstin angesehen werden.)

Der Ritter würde den Zwerg gern mit einer bestimmten Zwergin am Hof der Pfalzgräfin verkuppeln, allein dem Zwerg, der diese kennt, wäre das ein Graus:

„Ihr saget wahr. Ich habe Lockenhaar und einen stolzen Leib. Doch brauche ich kein Weib wie sie, eine Bibernell, der zu Liebenzell ein Knopf entrann: darum bin ich ihr gram und will auf eine andere warten. Man sagt von ihr zu Stückgart keine hübsche Mär, die Heirat würd’ mir schwer.“[5]

Literaturgattung

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Das Werk kann verschiedenen literarischen Gattungen zugerechnet werden.

  • Minnerede. Das Thema einer Minnerede als einer Unterart der höfischen Minnedichtung ist die Liebe zwischen Mann und Frau. Minnereden bestehen aus Reimpaarversen und waren im Gegensatz zu den gesungenen Minneliedern für den gesprochenen Vortrag bestimmt. Der Ich-Erzähler wendet sich in seiner Rede an das Publikum und schildert (angeblich) selbsterlebte Ereignisse, im Fall des „Spiegels“ einen Minneprozess, in dem die eheliche Untreue des Erzählers verhandelt wird.[6]
  • Minneallegorie. In Minneallegorien treten Personifikationen abstrakter Ideen als handelnde Personen auf. Im „Spiegel“ verkörpert die Kaiserin Abenteuer die höchste Richterin, und die 12 ihr dienenden Königinnen symbolisieren die 12 Tugenden: Frau Treue, die der Erzähler im Walde trifft, und ihre 11 Schwestern, die er am Hof von Frau Abenteuer kennenlernt: Frau Minne, Liebe, Tugend, Ehre, Zucht, Scham, Wahrheit, Freigebigkeit, Mäßigung, Gerechtigkeit und Glück.
  • Minnegerichtsdichtung. Der „Spiegel“ gehört wie auch Hermanns „Mörin“ zur Minnegerichtsdichtung. In einem Prozess vor Frau Abenteuer soll die Untreue des Erzählers geahndet werden. Das Gerichtsverfahren wird jedoch im Gegensatz zur „Mörin“ eher nachlässig durchgezogen.

Das Gedicht gehört mit 2754 Versen zu den größeren unter Hermanns Werken, nur die „Mörin“ mit 6081 Versen ist größer. Es besteht aus dreihebigen Reimpaarversen, das heißt die Verse reimen sich paarweise, ohne dass eine Stropheneinteilung stattfindet, und jeder Vers enthält drei betonte Silben. Hermann von Sachsenheim verwendet durchgehend die Reimpaarbrechung (auch: Reimbrechung), das heißt die Reimpaarwechsel fallen mitten in einen Satz, siehe „Von der Grasmetzen“, Form.

Der „Spiegel“ scheint nicht besonders verbreitet gewesen zu sein. Darauf könnte die Anzahl von nur zwei vollständig überlieferten Handschriften hindeuten, aber auch die Tatsache, dass das Werk bis ins 19. Jahrhundert Meister Altswert zugeschrieben wurde.

Gustav Roethe, der 1890 den Artikel über Hermann von Sachsenheim in der „Allgemeinen Deutschen Biographie“ verfasste, lobte zwar Hermanns Humor und sein parodistisches Talent, hielt aber sonst keine großen Stücke auf den Dichter:[7]

„Von irgend welcher bleibenden Wirkung der Sachsenheim’schen Dichtungen kann natürlich keine Rede sein. Er hat der absterbenden Gattung der Minneallegorien durch eine tüchtige Dosis Humor das Leben gefristet. … Seinem Ansehen ist es kaum zuträglich gewesen, daß wir ihn jetzt wieder besser kennen.“

Zum „Spiegel“, der nach seiner Meinung später als die „Mörin“ entstand, meinte Roethe:[8]

„Im Spiegel ist Hermann bereits im unverkennbarsten Abstieg begriffen. Ein bloßer Abklatsch der Möhrin, nur viel tugendhafter und öder. … Der Humor, die leichte Lebensauffassung ist vollständig auf dem Rückzug … auch die Selbstironie, die noch immer nicht ganz fehlt, ist zahm geworden.“

Die Germanistin Ingeborg Glier richtete 1971 ihr Augenmerk auf den menschlicheren Charakter der Personifikationen im „Spiegel“, die üblicherweise als eisern und unbeugsam dargestellt wurden:[9]

„Nach den gewohnten Spielregeln würde man die Verurteilung des Treubrüchigen durch die Personifikationen erwarten – und zwar uneingeschränkt und unisono. Nicht so bei Hermann von Sachsenheim! Die alte absolute Position vertritt nur Frau Abenteuer. … Den Prozeß ‚gewinnen‘ denn auch die ihr an sich untergeordneten Personifikationen …, die für Begnadigung plädieren. Als ‚gebessert‘ kann dieser gelten, da er nicht nur seinen Fehler einsieht, sondern auch die losen Ratschläge der alten Minne, die einen Rückfall geradezu empfehlen, streng von sich weist. …
Das Vergehen soll in menschlichen Relationen gesehen werden, der Weg zur freien Sühne offen bleiben. Insofern stellt Hermann von Sachsenheim nicht die höfische Minnelehre, wie sie die Minnereden immer wieder variieren, von außen in Frage oder parodiert sie, er übt systemimmanente Kritik. Dazu stimmt ganz auffällig auch die Darstellung seiner Personifikationen. Sie treten nicht mehr … als festgefügte, geschlossene Gruppe auf, welche die Vollkommenheit per se repräsentiert, sondern sie geraten untereinander in Bewegung und Gegensätze; die eine oder andere schert unerwartet aus, und durchweg trägt auch das Verhalten der einzelnen menschlichere und differenziertere Züge.“

Die Minnerede „Des Spiegels Abenteuer“ ist vollständig in zwei Sammelhandschriften enthalten.

# Jahr Bibliothek / Signatur
He3 1478 Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cpg 313 (Cod. Pal. germ. 313), online, Seite 75r–120v
Be15 1470–1480 Berlin, Staatsbibliothek, Mgq 719 (Ms. germ. quart. 719), online, Seite 2r–60r

Eine weitere Handschrift mit 1407 Versen bietet eine Kurzfassung, in der nicht die Männer, sondern die Frauen zur Treue angehalten werden. Daneben existieren noch zwei kurze Handschriften mit einem Exzerpt von 12 Versen und einem Fragment von 360 Versen.[10]

Detaillierte Übersicht: Handschriftencensus.[11]

Das Werk ist in zwei Druckausgaben des 19. und 20. Jahrhunderts enthalten.

  • Eine neuhochdeutsche Übersetzung liegt nicht vor.
  • Auszugsweise Übersetzung: Vers 384–437, 1532–1543 und 1812–1837 in Finkele 2004, Seite 112–117.
  • Ausführliche Inhaltsangabe: #Klingner 2013.1, Seite 836–839.
  • Ingeborg Glier: Artes amandi. Untersuchungen zu Geschichte, Überlieferung und Typologie der deutschen Minnereden. Beck, München 1971, besonders Seite 328–334.
  • Karl Goedeke: Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung : aus den Quellen. 1. Band: [Das Mittelalter]. Ehlermann, Dresden 1859, Seite 85–86, online.
  • Dietrich Huschenbett: Hermann von Sachsenheim. In: Kurt Ruh (Herausgeberin): Die deutsche Literatur des Mittelalters – Verfasserlexikon, 3. [Ger–Hil]. de Gruyter, Berlin 1981, Spalte 1091–1106, besonders 1096.
  • Dietrich Huschenbett: Hermann von Sachsenheim – Namen und Begriffe. Kommentar zum Verzeichnis aller Namen und ausgewählter Begriffe im Gesamtwerk. Königshausen & Neumann, Würzburg 2007.
  • Jacob Klingner; Ludger Lieb: Handbuch Minnereden. Band 1: [Repertorium]. de Gruyter, Berlin 2013, Seite 835–839.
  • Jacob Klingner; Ludger Lieb: Handbuch Minnereden. Band 2: [Verzeichnisse]. de Gruyter, Berlin 2013.
  • Ernst Martin (Herausgeber): Hermann von Sachsenheim. Litterarischer Verein, Stuttgart 1878, online.
  • Gustav RoetheHermann von Sachsenheim. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 30, Duncker & Humblot, Leipzig 1890, S. 146–152.
Commons: Hermann von Sachsenheim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. #Klingner 2013.1, Seite 835, #Huschenbett 1981, Spalte 1092.
  2. #Glier 1971, Seite 319.
  3. #Holland 1850, Seite VI, #Martin 1878, Seite 9 #Huschenbett 1981, Spalte 1092–1093, #Klingner 2013.1, Seite 835.
  4. #Holland 1850, Seite 129.
  5. Bibernelle: Heilkraut, unter anderem gegen Verdauungsstörungen, auch: furzende Frau. – „ein Knopf entrann“: ein Furz entfuhr. – Stückgarten: Stuttgart.
  6. #Klingner 2013.2, Seite 2–5.
  7. Roethe 1859, Seite 152.
  8. Roethe 1859, Seite 151.
  9. #Glier 1971, Seite 320.
  10. #Klingner 2013.2, Seite 835–839, Handschriftencensus.
  11. Handschriftencensus.