Edwin Kratschmer

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Edwin Kratschmer (* 9. Juni 1931 in Komotau, Tschechoslowakei) ist ein deutscher Schriftsteller, Professor für neueste deutsche Literatur, Literatur- und Kunstwissenschaftler.

Edwin Kratschmer wurde 1931 als viertes Kind in der Familie eines Telegrafenbeamten in Komotau geboren. Seine Brüder verstarben während des Zweiten Weltkrieges, Kratschmer wurde 1945 im Alter von 14 Jahren aus seiner Heimat Böhmen vertrieben.[1] Nach Ablegen seines Abiturs in Bad Frankenhausen studierte er Kunst, Literatur und Psychologie in Berlin, Greifswald und Leipzig. Dort promovierte er 1969[2] mit einer Arbeit zur Poetogenese und arbeitete als Lehrer in Thüringen.

Gemeinsam mit Margret Kratschmer und Hannes Würtz gab er die Jugendlyrik-Anthologien Offene Fenster heraus, eine Sammlung von 100.000 Texten, die sich heute als „Sammlung Jugendlyrik der DDR“ im Besitz der Universitäts- und Landesbibliothek Jena befindet. Kratschmer war einer der Gründer der DDR-weiten Bewegung schreibender Jugendlicher und 1970 Seminarleiter beim allerersten Poetenseminar in Schwerin.

In Unterwellenborn, unterrichtete er Deutsche Sprache und Literatur viele Jahre. Nach eigenen Angaben gab er den Lehrerberuf 1983 auf, um nicht für die Staatssicherheit arbeiten zu müssen, die ihn für eine Mitarbeit gewinnen wollte.[3] Mit seiner Ehefrau Margret Kratschmer (1930–2018) leitete er eine Kunstgalerie und baute die Kunstsammlung Maxhütte gemeinsam mit Tochter Maren Kratschmer-Kroneck auf.[1] Diese Sammlung befindet sich heute im Besitz des Freistaates Thüringen.

Nach 1989 war er Gymnasialdirektor in Saalfeld. Später wurde er Lehrbeauftragter und Professor für Neueste deutsche Literatur an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, dort initiierte er die Internationalen Jenaer Poetik-Vorlesungen. 1996 erhielt er die Schiller-Medaille der Universität.[1]

Kratschmer, Ehrenmitglied des Collegium Europaeum Jenense, lebt als freier Schriftsteller in Unterwellenborn.

2010 erhielt er die Ehrenbürgerschaft von Unterwellenborn[4].

Seit 2017 ist Prof. Kratschmer Mitglied beim PEN Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland.[5]

Werke (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Christophorus von Samos bis Sakulowski, Weida 1989
  • Anatomie der Gewalt, Coburg 1994
  • Plenzdorfs neue Leiden, Stuttgart 1996
  • Das ästhetische Monster Mensch. Fragmente zu einer Ästhetik der Gewalt. 13 Essays, Frankfurt 2002 ISBN 3-631-39580-9
  • Tatort Heimat. 21 Essays, Unterwellenborn 2002
  • Aufbruch mit Böll, Unterwellenborn 2004
  • Babelturm. 2 Essays, Stadtroda 2011 ISBN 978-3-927437-44-9
  • Brieftage. Briefe an Künstler. Bad Steben 2019. ISBN 978-3-9819546-2-3

Jugendlyrik-Anthologien

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Und Mut gehört zum Wort (Hrsg.), Unterwellenborn 1964
  • Offene Fenster (Hrsg.), 9 Bände, Berlin 1967–1990

Publikationen zur Jugendlyrik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Das Lyrikinteresse von Abiturienten in Thüringen, Jena 1993
  • Poetologie des Jugendgedichts. Ein Beitrag zur Poetogenese, Frankfurt/Bern/New York 1996 ISBN 3-631-49981-7
  • Von der Unschuld der Plagiate, Berlin 1998

Publikationen zur Kunst

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Max braucht Kunst, Unterwellenborn 1988
  • Saku-Art, Unterwellenborn 2001
  • Tübkes Superbildkonserve, Erlangen 2001
  • Kunst im Clinch. Zur Kunst in der DDR, Köln 2007
  • Ali Kurt Baumgarten. Kunst-Roulett, Stadtroda 2009 ISBN 978-3-927437-40-1

Publikationen zur Literatur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Jürgen Fuchs. Poesie und Zersetzung (Hg.), Jena 1993
  • Dichter Diener Dissidenten. Sündenfall der DDR-Lyrik, Jena 1995 ISBN 3-925978-46-1
  • Gottfried Meinhold – Poesie und Utopie, Jena 1996 (als Herausgeber) ISBN 3-925978-59-3
  • Versus Diktatur. Texte zu Jürgen Fuchs, Unterwellenborn 2001
  • Pegasos & Sisyphos. Texte zu Rathenow, Unterwellenborn 2002
  • Das blaue Komma. Texte zu Reiner Kunze, Weimar 2003

Publikationen zu den Internationalen Jenaer Poetik-Vorlesungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Erinnern provozieren (Hrsg.), Köln 1996
  • Poesie und Erinnerung (Hrsg.), Erlangen/Jena 1998 ISBN 3-7896-0605-7
  • Ludvík Kundera. Berlin (Hrsg.), Weimar 2000
  • Gottfried Meinhold. Die Grenze (Hrsg.), Weimar 2000
  • Ulrich Zwiener. Weltbürger und Visionär, Jena 2002 ISBN 3-933159-10-5

Autobiografisches

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Tatort Böhmen oder Kde domov muj, Essen 1998
  • Zwiegesicht. Stationen & Spiegelungen, Unterwellenborn 2000
  • Edwin Kratschmer: Interviews 1970–2001, edition mk, 2004
  • Linn Kroneck: Betriebskunst in der DDR. Das Beispiel Maxhütte, VDG, Weimar 2015, ISBN 9783897398269
  • Christel Fenk (Red.): Edwin Kratschmer, Wärmestrom in bleierner Zeit: Von der Unschuld der Plagiate: Zur Entwicklung der poetischen Kreativität im Jugendalter. (Eine Festschrift für Erwin Kratschmer mit weiteren Beiträgen über die Literatur in der DDR), Friedrich-Schiller-Universität Jena 2006, ISBN 9783933159113
Zeitungsbeitrag

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c www.UND-verlag.de. Abgerufen am 3. Juni 2021.
  2. Zur Person - Edwin Kratschmer. Abgerufen am 3. Juni 2021.
  3. Vgl. Axel Reitel: Junge Poeten zum Lernen gebeten – Die zentralen Poetenseminare der FDJ. Feature, DRB 2005 (BR2 2006, MDR 2008); abgedruckt in Axel Reitel: Schöne Jugend. Jugendliche im Widerspruch zur DDR. Fünf Feature, Köster Verlag, Berlin 2007, S. 75–114. ISBN 978-3-89574-627-7
  4. Kratschmer, Edwin - Thüringer Literaturrat e.V. Abgerufen am 28. Mai 2021.
  5. PEN Mitglieder. In: PEN Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland. 28. Februar 2015, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. Juni 2021; abgerufen am 3. Juni 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/exilpen.org