Pausa (Unternehmen)

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Die Pausa war ein deutsches Unternehmen der Textilindustrie mit Sitz Pausa bzw. in Stuttgart.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Mechanische Weberei Pausa wurde 1911 von den Stuttgarter Brüdern Artur und Felix Löwenstein in Pausa im Vogtland gegründet. 1919 übernahmen die Brüder die 1871 gegründete Mössinger Weberei und verlegten den Sitz ihres Unternehmens nach Stuttgart. Im Oktober 1923 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Nach dem Ende der Inflation wurde das Aktienkapital auf 300.000 Reichsmark umgestellt.[1]

Neben der Herstellung von Stoffen des täglichen Bedarfs produzierte das Unternehmen auch künstlerisch anspruchsvolle Dekorationsstoffe, für die 1921 eine eigene Druckabteilung eingerichtet wurde. Zur Erlangung der Entwürfe stand sie im Austausch mit dem Deutschen Werkbund und dem Bauhaus. 1921 richtete die Pausa in Kooperation mit dem Landesgewerbemuseum Stuttgart einen Wettbewerb für eine bedruckte Tischdecke aus, wobei der Jury vorwiegend Mitglieder des Deutschen Werkbunds angehörten wie zum Beispiel Adelbert Niemeyer und Gustav Pazaurek.

Kontakt bestand auch mit Emanuel Josef Margold, der einen Stoff entworfen hatte. Zahlreiche Stoffe für die Pausa entwarf der Stuttgarter Architekt Richard Herre, der seit 1922 für das Unternehmen tätig war. Herre gestaltete auch Werbeanzeigen. Auf der „Werkbund-Ausstellung württembergischer Erzeugnisse“, die vom Stuttgarter Architekten Richard Döcker geleitet wurde, stellte die Pausa unter anderem Dekorationsstoffe nach Entwürfen von Adolf Hölzel aus. Döcker errichtete von 1922 bis 1925 in Mössingen ein neues Gebäude für die Handdruck-Abteilung der Pausa. 1928 folgte eine moderne Shedhalle. 1927 war die Pausa auch auf der Werkbund-Ausstellung in Stuttgart mit eigenen Stoffentwürfen vertreten. Eventuell kamen hier auch erste Kontakte mit dem Bauhaus zustande, möglicherweise auch über das Stuttgarter Ehepaar Lily und Hans Hildebrandt. Drei Absolventinnen des Bauhauses entwarfen Ende der 1920er Jahre Stoffe für die Pausa: Friedl Dicker (1898–1944), Lisbeth Oestreicher (1902–1989) sowie die gebürtige Lettin Ljuba Monastirskaja (1906–1941)[2], die sogar als Leiterin des Entwurfsbüros der Weberei eingestellt wurde.

Zur Ausführung der Stoffentwürfe arbeitete das Bauhaus neben der Pausa auch mit anderen Webereien zusammen. Die Pausa wiederum requirierte neben Angehörigen des Bauhauses auch Mitarbeiter verschiedener Kunstgewerbeschulen.

1933 spielte die Belegschaft der Pausa eine zentrale Rolle beim Mössinger Generalstreik, einer der deutschlandweit wenigen Protestaktionen gegen die „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten. 1936 waren die Brüder Löwenstein gezwungen, ihr Unternehmen weit unter Wert zu verkaufen und zu emigrieren; Käufer war die Unternehmensgruppe Burkhardt-Greiner. 1951 wurde ein neues Fabrikgebäude erbaut, das von Manfred Lehmbruck entworfen wurde. Es folgten bis 1960 Erweiterungen in mehreren Bauabschnitten. Wie in der Vorkriegszeit arbeitete das Unternehmen mit bedeutenden Künstlern zusammen, die Stoffmuster entwarfen, so zum Beispiel mit Willi Baumeister, Rolf Cavael, Gerhard Fietz, HAP Grieshaber, Heinz Trökes, Mac Zimmermann[3] und anderen. 2001 musste die Pausa Insolvenz anmelden. Die Fabrikgebäude wurden mittlerweile zum Teil restauriert, die umfangreiche Stoffsammlung restauriert und katalogisiert. Von 2005 bis 2011 wurde die Tonnenhalle der Pausa-Druckerei zur Stadtbibliothek umgebaut.[4]

Vom 3. Mai bis zum 24. November 2019 fand in der Tonnenhalle im Pausa-Quartier in Mössingen die Ausstellung „Pausa – Jede Menge Stoff drin“ statt.[5]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hermann Berner, Werner Fifka (Hrsg.): Das Bauhaus kam nach Mössingen. Geschichte, Architektur und Design der einstigen Textilfirma Pausa. Talheimer, Mössingen-Talheim 2006, ISBN 978-3-89376-118-0.
  • Dieter Büchner, Michael Ruhland: Kompromisslose Beständigkeit in gutem Geschmack. Die Textilfirma Pausa in Mössingen (Kreis Tübingen). In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 34. Jahrgang 2005, Heft 3, S. 142–150. (PDF)
  • Dieter Büchner: Stoff ohne Ende. Die Inventarisation der Firmensammlung der Textildruckerei Pausa in Mössingen. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 42. Jahrgang 2013, Heft 4, S. 256–257. (PDF)
  • Dieter Büchner: Bauhaus-Stoff. Die Mössinger Textilfirma Pausa und ihre Beziehungen zum Bauhaus. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 48. Jahrgang 2019, Heft 4, S. 215–220. (PDF, 578 KB)
  • Grit Koltermann (Hrsg.): Stoffe ohne Ende. Die Sammlungen der ehemaligen Textildruckfirma Pausa in Mössingen. (= Arbeitshefte des Landesamts für Denkmalpflege, Band 32.) Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-8062-3267-7.
  • Anne-Christin Schöne: Bauhaus trifft Pausa. Die Instandsetzung und Umnutzung von Werkstattgebäude und Kantine der Pausa in Mössingen. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 48. Jahrgang 2019, Heft 4, S. 221–228. (PDF)
  • Michael B. Frank, Canan Kadi: The Mössingen Library Emerges from the Pausa Tonnenhalle in Germany. In: Petra Hauke u. a. (Hrsg.): New Libraries in Old Buildings. Creative Reuse. (= IFLA Publications, Band 180.) de Gruyter, Berlin 2021, ISBN 978-3-11-067951-9, S. 134–151.
  • Irene Scherer, Klaus Ferstl, Welf Schröter (Hrsg.): Für Felix und Artur Löwenstein. Ein Leseheft anlässlich des 80. Jahrestages der Zwangsenteignung der Pausa und der Vertreibung der Brüder Löwenstein aus Mössingen 1936. Löwenstein-Forschungsverein, Mössingen 2016.
  • Irene Scherer, Welf Schröter: Die Besitzergreifung der Pausa in Mössingen und das Ende verklärender Legendenbildungen. In: Heinz Högerle, Peter Müller, Martin Ulmer (Hrsg.): Ausgrenzung. Raub. Vernichtung. NS-Akteure und „Volksgemeinschaft“ gegen die Juden in Württemberg und Hohenzollern 1933 bis 1945. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-945414-69-9, S. 541–549.
  • Andreas Vogt: Denkmal der Mössinger Geschichte. Der Textilfabrik Pausa droht der Abriss. In: Schwäbische Heimat, 55. Jahrgang 2004, Nr. 2, S. 198–201. (https://doi.org/10.53458/sh.v55i2.5944)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Neue Pausa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Handbuch der deutschen Aktiengesellschaften, 30. Ausgabe 1925, Band 2, S. 3372.
  2. Susanne Wiedmann: Designerinnen aus Dessau. Löwenstein-Forschungsverein recherchiert über die ersten Frauen in der Pausa. Artikel über Ljuba Monastirskaja und Lisbeth Oestreicher in: Neckar-Chronik vom 28. Oktober 2011.
  3. Nagel auction.de 100 Years - 802|Modern & Contemporary Art, Design; 23. Februar 2022; Katalog S. 710, Konvolut 5 Pause Drucke
  4. Bauwelt, Jahrgang 2012, Heft 33. (online)
  5. In Mössingen ist „jede Menge Stoff drin“ auf kunstmarkt.com.