Rosie the Riveter

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Rosies beim Schweißen

Die fiktive Person Rosie the Riveter (deutsch: Rosie, die Nieterin) war 1941 die Hauptperson eines Propagandafilmes des US-Kriegsinformationsamts für die Anwerbung von Frauen in die Rüstungsindustrie und Titelheldin eines populären US-amerikanischen Liedes. Sie wurde zur kulturellen Ikone dieser Werbekampagne, welche die Frauen symbolisierte, die zu Tausenden während des Zweiten Weltkriegs in der Rüstungsindustrie arbeiteten.[1]

Sie spielt nach wie vor eine Rolle als Sinnbild für arbeitende Frauen und als feministisches Symbol für wirtschaftliche Kraft; sie inspirierte Filme und Buchveröffentlichungen.[2] Das während des Krieges 1942 nur kurz beim Westinghouse-Konzern intern verwendete Poster We Can Do It! von J. Howard Miller (1898–1985)[3] wurde erst in den 1980er Jahren mit der Kampagne verbunden und danach millionenfach auf Kaffeetassen, Streichholzschachteln und Papier reproduziert.[1]

Kampagne für Frauen in der Kriegsindustrie

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kunstfigur Rosie the Riveter wurde vor dem Hintergrund geschaffen, dass man die Bedeutung von Frauen für kriegswichtige Betriebe erkannt hatte. Das US-Informationsamt (United States Office of War Information) entwickelte 1941 eine Werbekampagne, die gezielt junge US-Amerikanerinnen für die Arbeit in kriegswichtigen Industrien anwerben sollte.[1] Die damaligen Kampagnen wendeten sich vor allem an Hausfrauen unter dem Motto wer einen Elektromixer bedienen kann, kann auch mit einem Bohrer umgehen.[4]:160 Sie bezog auch die Ehemänner ein, denen vermittelt wurde, auf ihre tüchtigen Frauen stolz zu sein. Rosie the Riveter wurde als personifizierte Patriotin die Ikone dieser Werbekampagne.[1]

Mit der Kampagne zu Rosie the Riveter ist das rasante Ansteigen der Zahl werktätiger Frauen in den USA verbunden, deren Anzahl von 1940 bis 1944 von 12 auf 20 Millionen stieg. Allerdings waren die meisten von ihnen nicht in der Produktion, sondern in Büros und Schreibstuben beschäftigt. Im Jahr 2000 wurde der Rosie the Riveter/World War II Home Front National Historical Park in Richmond (Kalifornien) am Platz einer ehemaligen Großwerft eröffnet. Über 200 frühere Rosies nahmen an der Eröffnung teil. 1944 wurde das Motiv als Rosie the Riveter verfilmt und war ebenso Thema eines 1980 von Connie Field produzierten Dokumentarfilms mit dem Titel The Life and Times of Rosie the Riveter.

Die Bezeichnung „Rosie the Riveter“ wurde 1942 in einem Lied von Redd Evans und John Jacob Loeb verwendet. Das Lied wurde unter anderem von Kay Kyser gespielt und wurde ein landesweit beliebter Schlager. Der Name geht möglicherweise auf Rosie Bonavitas zurück, die bei Convair in San Diego, Kalifornien arbeitete.[5][6][7] Das Bildmotiv ähnelte Veronica Foster, die 1941 in Kanada als Ronnie, the Bren Gun Girl verewigt wurde.[8]

Das zunächst dem Lied zugeordnete Bild wurde mit Rose Will Monroe verbunden, die aus Pulaski County in Kentucky stammte und bei der Willow Run Aircraft Factory in Ypsilanti, Michigan an B-29 und B-24 arbeitete. Monroe wurde in einem Werbefilm porträtiert und das Lied „Rosie the Riveter“ mit ihr identifiziert.

Die Bilder selbst zeigen oft eine idealisierte Darstellung der arbeitenden Frauen, die teilweise prekären Arbeitsbedingungen werden ausgeblendet. Die enorme Mobilisierung und Motivation der Frauen allgemein wie erhebliche Fortschritte bei der Anerkennung schwarzer Arbeiterinnen sind aber davon unbenommen. Leila J. Rupp untersuchte Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu der deutschen, deutlich schwächer ausgeprägten Propaganda in dem Bereich, die ihr zufolge das Potential der weiblichen Arbeitskräfte im Gegensatz zu den USA kaum zu mobilisieren imstande war. Dessen ungeachtet seien in beiden Ländern die traditionellen Frauenbilder nach wie vor kolportiert worden.[9]

Der Rosie zugeschriebene Frisurenstil bestand aus typischerweise hochgesteckten Haaren und Accessoires zum Schutz der Haare wie Haarbändern, geschlungenen Tüchern oder Turbanen, um sich bei der Arbeit an Maschinen und beweglichen Teilen nicht zu verletzen. Die typischen 40er Hochsteckfrisuren bestanden aus unterschiedlichen Elementen wie Rollen, Locken, Wellen und Pompadours. In den USA wurde die sehr populäre Frisur mit zwei sich gegenüberliegenden Rollen als Victory Rolls (Siegerrollen, nach einem Flugmanöver bzw. nach der V-Form der Frisur) bezeichnet. In Deutschland kam der Ausdruck „Entwarnungsfrisur“ („Alles nach oben“) in Gebrauch; die Hochsteckfrisuren waren grenzüberschreitend in Mode.[10]

Bild von Norman Rockwell

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Norman Rockwell malte, angeregt von dem Song „Rosie the Riveter“, nach einer Fotovorlage der damals 19-jährigen Telefonistin Mary Doyle (Keefe) das Ölbild „Rosie the Riveter“. Eine sitzende Arbeiterin (erkennbar an ihrer Arbeitskleidung) beißt in ein Butterbrot. Auf ihrer Brotbüchse steht ihr Name; auf ihren Oberschenkeln liegt ein Nietautomat zur Weiterarbeit bereit; ihr rechter Fuß steht auf Hitlers Mein Kampf. Ihr Lippenstiftauftrag wirkt feminin. Ein Großteil des Bildes zeigt die amerikanische Nationalflagge. Ihre Pose ähnelt der des Propheten Jesaja, den Michelangelo 1509 an die Decke der Sixtinischen Kapelle malte.[11]

Im Mai 1943 war das Bild auf der Titelseite der Saturday Evening Post; diese hatte eine Auflage von 3 Millionen Exemplaren.[12] Das Gemälde ist im Crystal Bridges Museum of American Art in Bentonville ausgestellt und wurde 2002 für fast 5 Millionen Dollar beim Auktionshaus Sotheby’s ersteigert.[13]

Das Westinghouse-„We Can Do It!“-Poster

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Poster We Can Do It! (ca. 1942)

1942 begann J. Howard Miller bei der Westinghouse Company eine Posterserie für die Rüstungsindustrie zu entwerfen. Eines der Poster wurde unter dem Titel We Can Do It! nur für Westinghouse produziert. Es wurde in einer Auflage von knapp 1.800 Stück innerhalb der Westinghousewerke in Pennsylvania und dem Mittleren Westen in einer Serie zur Hebung der Arbeitsmoral im Februar 1943 zwei Wochen lang präsentiert und wurde schnell vergessen.[14] Das in den Nationalfarben Blau, Rot und Weiß gehaltene Bild entwickelte sich Jahrzehnte später zu einer populären und weit verbreiteten Symbolfigur der industriellen Friedensstifterin, des Feminismus und der patriotischen Heimatfrontsolidarität. Wie das Bild erneut in die Öffentlichkeit gelangte ist unklar, 1982 erschien ein Abdruck in der Washington Post und 1994 erschien es auf der ersten Seite des Smithsonian Magazine und ist sehr populär, ohne dass die Ursprünge den meisten Menschen bekannt wären.[15] Erst Jahrzehnte nach dem Krieg wurde es zu einer Rosie the Riveter verklärt. Das Bild enthält keinen Hinweis auf den Frauennamen Rosie oder die Tätigkeit des Nietens und Ed Reis, Historiker bei Westinghouse, wies 2003 darauf hin, dass es präziser Molly the Mycarta Molder oder Helen the Helmet Liner Maker (Helen, die Helmfuttermacherin) genannt werden könnte.[16] Während als Modell für das Bild jahrzehntelang die damals 17-jährige Geraldine Hoff (später Doyle) galt, wird seit 2015 davon ausgegangen, dass es sich um die damals 20-jährige Naomi Parker (1921–2018)[17] handelte.

Marilyn Monroe als Rosie

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Marilyn Monroe als Model für das Magazin Yank der U.S. Army (1945)

Im Herbst 1944 wurde der Armeefotograf David Conover von seinem Hauptmann, dem späteren US-Präsidenten Ronald Reagan beauftragt, „animierende Bilder von anziehenden Frauen am Fließband zu machen, die die Kriegsanstrengungen durch ihre Arbeit unterstützen“. In der Montageabteilung einer Rüstungsfabrik entdeckte er eine junge Frau namens Norma Jeane Dougherty, die dort seit einem halben Jahr arbeitete.[18] Die ersten Fotos erschienen Mitte 1945 im Magazin Yank der U.S. Army.[19] Conover erkannte Norma Jeanes Talent und riet ihr, sich als Model zu bewerben. Dies war der Beginn einer Karriere, die sie unter dem Künstlernamen Marilyn Monroe weltbekannt machen sollte.[20]

  • Margaret Bourke-White: Women In Steel: They are Handling Tough Jobs In Heavy Industry. In: Life, 9. August 1943.
  • Constance Bowman: Slacks and Calluses – Our Summer in a Bomber Factory. Smithsonian Institution, Washington DC 1999.
  • D’Ann Campbell: Women at War with America: Private Lives in a Patriotic Era. Harvard University Press, 1984
  • Mary Hresko, Mary Vincher Shiner: Women Workers in World War II. 21. Mai 2001.
  • Donna B. Knaff: Beyond Rosie the Riveter: Women of World War II in American Popular Graphic Art. University Press of Kansas, 2012
  • Margaret Regis: When Our Mothers Went to War: An Illustrated History of Women in World War II. NavPublishing, Seattle 2008, ISBN 978-1-879932-05-0.
  • Susan Ware: Modern American Women A Documentary History. McGraw-Hill, 2002.
  • Nancy Baker Wise, Christy Wise: A Mouthful of Rivets: Women at Work in World War II. Jossey-Bass Publishers, San Francisco 1994.
  • Anna Bornstein: ‘Dolly’ Gillan. Woman Welder / Shipbuilder in World War II. Winnie the Welder History Project. Schlesinger Library, Radcliffe College. 16. Februar 2005.
  • Rosie the Riveter Collection, Rose State College, Eastern Oklahoma Country Regional History. Center. [Rosie the Riveter Collection, Rose State College] 16. März 2003.
  • Rosie the Riveter Redd Evans and John Jacob Loeb. Paramount Music Corporation, 1942.
  • Regional Oral History Office / Rosie the Riveter / WWII American Homefront Project The Regional Oral History Office at the Bancroft Library of the University of California
Commons: Rosie the Riveter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c d Christof Mauch: Die hunderteins wichtigsten Fragen – Amerikanische Geschichte. Beck’sche Reihe. Verlag C.H.Beck, 2008, Abschnitt „Wer war Rosie the Riveter“, S. 92 ff.
  2. W. Raymond Duncan, Barbara Jancar-Webster, Bob Switky: World Politics in the Twenty-first Century Brief. Student choice ed. Houghton Mifflin College Div, Boston 2008, ISBN 978-0-547-05634-0, S. 268.
  3. Creator of 'We Can Do It!' Poster Uncovered, shu.edu, 21. April 2022
  4. Kennett, Lee: For the duration...: the United States goes to war, Pearl Harbor-1942. Scribner, New York 1985, ISBN 0-684-18239-4.
  5. Robert Sickels: The 1940s. Greenwood Publishing Group, 2004, ISBN 978-0-313-31299-1, S. 48 (Google Books).
  6. William H. Young, Nancy K. Young: World War II and the Postwar Years in America: A Historical and Cultural Encyclopedia, Volume 1. ABC-CLIO, 2010, ISBN 978-0-313-35652-0, S. 606 (Google Books).
  7. Stephen E. Ambrose: The Good Fight: How World War II Was Won. Simon and Schuster, 2001, ISBN 978-0-689-84361-7, S. 42 (Google Books [abgerufen am 5. Februar 2013]).
  8. Ronnie the Bren Gun Girl. In: Toronto Star. 15. März 2010, abgerufen am 8. April 2013.
  9. Leila J. Rupp: Mobilizing Women for War: German and American Propaganda, 1939–1945. Princeton U.P., Princeton 1978, ISBN 0-691-04649-2.
  10. 40er Frisuren – Hollywood Wellen, Chignon, Victory Rolls In: Retrochicks, 3. Juni 2013.
  11. Siehe Datei:'Isaiah Sistine Chapel ceiling' by Michelangelo JBU36.jpg
  12. Art, Icons, Women's Rights: “Rosie The Riveter” 1941-1945. Pop History Dig 28. Februar 2009, abgerufen am 13. Oktober 2019.
  13. Meldung zum Gemälde beim Rosie the Riveter Verband (Memento des Originals vom 15. April 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.rosietheriveter.org
  14. A. Alex: The real truth behind the iconic “We Can Do It” poster. Vintage News, 2. August 2016, abgerufen am 5. Oktober 2019.
  15. Peter Kelley: Documents that Changed the World: ‘Rosie the Riveter’ poster, 1943. University of Washington News, 2. Februar 2015, abgerufen am 5. Oktober 2019.
  16. "Rosie the Riveter" is not the same as "We Can Do It!". Docs populi, abgerufen am 14. Oktober 2019.
  17. Vorbild für Poster-Ikone ist tot. Spiegel Online
  18. Abschnitt „Das Photomodell“. marilynmonroe.de
  19. Marilyn,Rosie' Monroe. The Pop History Dig; abgerufen am 23. Juni 2013.
  20. Donald Spoto: Marilyn Monroe. Die Biographie. Wilhelm Heyne Verlag, München 1993, ISBN 3-453-06919-6, S. 94–95.